Sunday, November 29, 2009

Ein gewesener Engel

Ich war mal ein Engel. Die rechte Hand Gottes. Das ganze Gute des Himmels floss durch meine Adern, ich war ein Modell für alle Engel schon seit hunderten von Jahren, alle hatten mich lieb. Meine großen, weißen Flügel streckten sich von über meinem Kopf fast bis am Boden aus. Das weiße, seidene Kleid, das ich anhatte machte mich von allen anderen Engeln respektiert.

Eines Tages rief mich Gott zu ihm und gab mir den Auftrag auf die Erde zu gehen, da dort der Khaos ausbrechen würde. Er sagte mir nur noch, dass ich auf mich achten soll. Ich hatte schon vieles über die Erde gehört und sie viele Male von Oben aus beobachtet, doch gewesen war ich dort nie. Zumindest nicht in diesem Leben. Also machte ich mich auf den Weg zu den Menschen, von denen ich nicht wusste was ich erwarten soll. Als ich auf der Erde ankam, sah ich nur Schlechtes passieren. Überfälle, Lügen, Hass, Gemeinheit verdunkelten mein Herz. Ich dachte ich bin in der Hölle. Doch da kam etwas was ich nicht erwartete: das hübscheste, zarteste und lebensvolle Menschenkind, das ich bis dann auf der Erde gesehen hatte. Die Dunkelheit auf dieser Erde hatte endlich Hoffnung gefunden. Mein Herz auch: ich verliebte mich in einem Menschenkind. War das möglich? Ein Engel soll einen Menschen lieben? Ich wusste nur eines: ich musste es ihr sagen. Alle Gefühle flossen aus meinem Mund heraus und als ich fertig war... Sie mochte mich, so sagte sie. Doch als ich einen Teil meiner unendlichen Existenz mit ihr verbrachte, sah ich welche Gefühle ihr Herz für mich verbarg. Ich war ihr einfach gleichgültig, nur eine Puppe, mehr nicht. Mein Herz fing wieder an sich mit Hass zu füllen, ich konnte es dort nicht mehr ausstehn; ich zog fort, doch überall sah ich das Gleiche. Ich fing an mich zu fragen: „Wie kann Gott nur so etwas zulassen? Solchen Elend, solchen Hass. Er ist der Allmächtige, er könnte doch all dieses vermeiden“. Mehr und mehr veränderte ich mich. Auch im inneren, aber auch mein Äußeres: meine Flügel verloren an Volumen, wurden schließlich pech-schwarz, das weiße Kleid, das ich anhatte, war jetzt nur noch ein ganz normales Fetzen und mein Lächeln, welches immer auf meinem Gesicht stand verwandelte sich in einem Weinen. Wieso aber weinen? Weil es Kräfte gibt, diese garstige Erde wieder zurechtbringen kann, doch sie tun es nicht.

Ich bin jetzt in einem total fremden Gebiet, die Erde scheint nichts im Vergleich zu dieser Gegend, doch mir ist jetzt alles gleichgültig. Nichts kann mein Gesichtsausdruck noch ändern. Jetzt bin ich auf der anderen Seite, jetzt bin ich die Rechte Hand des Bösen. Ich schaue den Menschen mit Verachtung zu, wie sie sich gegenseitig umbringen. Von Zeit zu Zeit verändert sich mein steifes Gesicht, es taucht ein ironisches Lächeln auf, wenn ich daran nachdenke was ich einmal war und was ich jetzt bin, ein gefallener Engel.

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